Frankfurter Rundschau – Drogen, Waffen, Volksverhetzung

15 Tage wurde gegen den rechtsradikalen „Schlitzer“ verhandelt. Nun endlich scheint seine abstruse Existenz in Echzell öffentlich dargelegt. Anklage und Verteidigung gehen zu ihren Plädoyers über. Sieben Jahre Haft sind die Forderung der Staatsanwaltschaft.
Nach 15 Verhandlungstagen, etwa sechzig Zeugenaussagen, der Vorlage etlicher Beweismittel und mehreren Einlassungen des Angeklagten hat die Staatsanwaltschaft am Montag „keinen Zweifel mehr“, dass Patrick W. die ihm in der Anklageschrift zur Last gelegten Taten auch begangen hat. Nachdem einige Verfahren der sieben für den Prozess am Landgericht Gießen zusammengefassten Anklagen eingestellt worden sind, bleiben am Ende der Hauptverhandlung noch drei große Komplexe übrig: Drogen, Waffen und politische Straftaten. Staatsanwältin Yvonne Vockert fordert eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und vier Monaten.
Nach seinem ersten Kontakt mit Drogen im August 2010 habe W. „in kurzer Zeit sein Drogengeschäft ausgeweitet und perfektioniert“. Als „Waffennarr“ habe W. diverse Waffen – vom Schießkugelschreiber bis zur Maschinenpistole – besessen und im Beisein von Freunden damit geschossen, etwa im eigens dafür eingerichteten „Schießzimmer“ in seiner Hofreite in Echzell.
„Kein Kick“
„Keinen Zweifel“ hat Vockert in ihrem Plädoyer auch daran, dass der 27-Jährige, der sich „Schlitzer“ nennen lässt und als Chef der braunen Truppe „Old Brothers“ gilt, in „der rechten Szene verwurzelt ist“. 2003 sei er diesbezüglich erstmals aktenkundig geworden. „Wer das so lange betreibt, kann das nicht mit der Suche nach einem Kick begründen.“ Damit weicht die Staatsanwaltschaft von dem vorige Woche eingebrachten psychologischen Gutachten ab, demzufolge W. keine „feste NS-Ideologie“ vertrete, sondern vieles getan habe, weil es verboten war, und um „Anerkennung in gewissen Kreisen zu gewinnen“.
Doch allein seine „Gaskammer-Partys“, seien, so Vockert, „weit über das hinausgegangen, was den Vorwurf der Volksverhetzung“ erfülle. Mit den Duschköpfen an der Decke, aus denen per Knopfdruck Kunstnebel strömte, und dem an der Tür angebrachten „Brausebad“-Schild habe W. in seinem Partyraum „ganz gezielt ein Szenario“ geschaffen, um ein „schreckliches historisches Ereignis als Party-Gag zu benutzen“.
Urteil am 3. Dezember
Von einem „makabren Party-Gag“ spricht auch W.s Verteidiger Jürgen Häller, weist allerdings darauf hin, „dass es viele Menschen gibt, die zu verschiedenen Themen eine makabre Einstellung haben“. Dies sei noch kein Grund, von einer Gesinnung auszugehen, die das Strafmaß nach oben treibe. Überhaupt fehle der Forderung der Staatsanwaltschaft die „Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit“, vor allem angesichts der Aufklärungshilfen, die W. geleistet habe. Zahlreiche Ermittlungsverfahren hätten eingeleitet werden können, weil W. ausgepackt habe und etwa Namen von Drogenabnehmern und -händlern genannt habe – mit der Folge, dass der seit März in Haft sitzende 27-Jährige nun „keine Freunde“ mehr habe. Häller hält eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und fünf Monaten für angemessen. Mit einem Urteil wird für den 3. Dezember gerechnet.
© Frankfurter Rundschau 28.11.2012
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