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Frankfurter Neue Presse – Sieben Jahre für den „Schlitzer“?

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Sieben Jahre und vier Monate Haft hat die Staatsanwaltschaft für den als „Schlitzer“ bekannt gewordenen Rechtsradikalen Patrick W. aus Echzell gefordert. In ihrem fast zweistündigen Plädoyer stellte sie den 27-jährigen Echzeller als „arrogant, unbelehrbar und im Umgang mit den Behörden als uneinsichtig“ dar.

Die Vielzahl seiner einschlägigen Vorstrafen ließe es nicht zu, trotz seiner Geständnisse am Ende des Verfahrens seine Straftaten als minderschwer einzustufen. Zwar seien von den 65 Anklagepunkten zu Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz 23 inzwischen fallengelassen worden.

Doch die restlichen Verstöße gegen dieses Gesetz sowie gegen das Waffen- und Kriegswaffengesetz und die Vorwürfe wegen Beleidung und das öffentliche zur Schaustellen von verfassungsfeindlichen Symbolen reichte der Staatsanwältin, das hohe Strafmaß von über sieben Jahre Haft zu fordern. Ausschlaggebend für die Höhe der Strafe sei auch die Tatsache gewesen, dass sich W. trotz seiner Einlassung zum Schluss des Verfahrens weiterhin uneinsichtig zeige und auch heute nach 15 Verhandlungstagen immer noch auf seinen menschenverachtenden Einstellung bestehen würde.

Strategie im Prozess

Die Staatsanwaltschaft unterstellt dem Angeklagten, seine Bereitschaft zur Aufklärung von Straftaten Dritter nur aus prozessstrategischen Motiven erklärt zu haben. Das belege auch die Tatsache, dass er vom Landeskriminalamt, an das er sich zur Aufnahme in das Programm des „Informations- und Kompetenzzentrums für Ausstiegshilfen aus dem Rechtsextremismus“ (kurz Ikarus) gewandt hatte, aufgrund seiner persönlichen Grundeinstellung abgelehnt wurde.

Ganz anders sah dies der Verteidiger des Angeklagten, Jürgen Häller. Für ihn habe sich W. während der Verhandlungsdauer stark verändert. Aus dem anfangs selbstsicheren und teilweise überheblich auftretenden Angeklagten sei zum Ende des Prozesses ein stiller, ernsthafter Mann geworden, der im Laufe des Verfahrens einen „persönlichen Total-Crash“ erfahren habe. Seine Existenz sei kaputt, die Ehe zerbrochen und alle Freunde hätten ihn mittlerweile verlassen.

Makabrer Partygag

Auch hinsichtlich des Partyraums in seinem Anwesen in Echzell, in dem Brauseköpfe für eine Vernebelungsanlage angebracht waren und den die Staatsanwältin Yvonne Vockert deshalb als „Gaskammer“ bezeichnete, wollte die Verteidigung nur einen „makabren Partygag“ sehen. Rechtsanwalt Häller forderte deshalb für seinen Mandanten lediglich vier Jahre und fünf Monate. Und auch den Besitz der beiden Maschinenpistolen und der Revolver sowie der Munition nannte Häller einen unglücklichen Zufall, keinesfalls aber gezieltes Handeln, um damit eine Straftat zu begehen.

Nach den Plädoyers nutzte W. die Gelegenheit zu einer Stellungnahme. Darin entschuldigte er sich für seine Gesetzesübertretungen und versprach, nach der Haft ein neues Leben beginnen zu wollen. Das Urteil soll am kommenden Montag verkündet werden.

© Frankfurter Neue Presse  28.11.2012

 

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