Frankfurter Neue Presse – Nackter Nachbar landet im Internet
Echzeller „Schlitzer“ Patrick W. soll demütigendes Video veröffentlicht haben – Der Neonazi streitet jedoch alles ab. Wegen eines Videos im Internet muss sich derzeit der als „Schlitzer“ bekannte Neonazi Patrick W. vor dem Landgericht Gießen verantworten. Es geht um einen Nachbarsstreit und um eine Demütigung, die der Betroffene noch heute nicht verkraftet hat.
Am Abend des 9. Mai 2010 war es für den damals 58-jährigen Echzeller Werner S., dem Nachbarn des Wetterauer Neonazi Patrick W., zu viel. W. muss sich zurzeit wegen Rauschgiftdelikten, Verstößen gegen das Waffengesetz, Zurschaustellung verfassungsfeindlicher Symbole sowie Volksverhetzung vor der Strafkammer am Gießener Landgericht verantworten.
Das Gejohle der „braunen Kameraden“ auf dem Nachbargrundstück und deren Party-Krach hatten das Fass für den Nachbarn zum Überlaufen gebracht. Hinzu kam, dass S. am Morgen erfahren hatte, dass entweder sein Nachbar Patrick W. oder einer seiner Freunde die Überwachungskamera an seinem Haus verstellt hatte.
Als der Krach auf dem Nachbargrundstück am Abend dann das für ihn erträgliche Maß wieder einmal überstiegen hatte, holte sich der Nachbar seine Leiter, um die Kamera von W. nun ebenfalls zu verstellen. Doch es blieb bei dem Versuch, denn kaum hatte er die Leiter an Ws Hauswand angestellt und die ersten Schritte nach oben begonnen, da stürzten sich die Freunde von W. bereits auf ihn.
Hose heruntergerissen
Die Männer zogen den Nachbarn von der Leiter, verprügelten ihn und rissen ihm dann auch noch die Hose herunter. Halb nackt musste er anschließend über die Straße zu seinem Haus flüchten. Und die Polizei schaute, wie S. vor Gericht berichtete, tatenlos zu und plauderte dabei mit jeweils einen Drink in den Hand mit dem 26-jährigen Angeklagten auf dessen Hof. Die filmreife Szene war nicht nur von der Überwachungskamera des W. festgehalten worden, sondern sie erschien auch kurz darauf im Internet auf Youtube und war damit für alle Welt frei einsehbar.
„Ich kann nicht verstehen, dass Menschen so etwas zur allgemeinen Belustigung ins Internet einstellen“, zeigte sich der heute 60-Jährige immer noch betroffen. Und weil er das Erlebnis zweieinhalb Jahre später immer noch nicht verarbeitet habe, trete er deshalb nun auch als Nebenkläger im Prozess gegen seinen Nachbarn auf. Gegenstand des Verfahrens war jetzt jedoch nicht etwa die Attacke auf S. und auch nicht das Filmen des Vorfalls, sondern lediglich die Veröffentlichung der Bilder im Internet ohne die Genehmigung des Gezeigten.
Allein dies stellt nämlich bereits einen Verstoß gegen das Kunst-Urheberrecht dar. Die Schürfwunden am Kopf und am Rücken von S. sind längst verheilt, doch auf das Video werde er heute noch zu seinem Leidwesen angesprochen. Zwar sei es seinem Anwalt vor drei Wochen gelungen, das Video auf Youtube nun endlich sperren zu lassen. Doch immer noch gebe es Mittel und Wege, sich den Beitrag auf anderen Kanälen im Internet in voller Länge anzuschauen.
Mit Kameraden zerstritten
Patrick W. wies vor Gericht alle Anschuldigung in dieser Angelegenheit zurück. Sicherlich sei das Video mit seiner Überwachungskamera aufgezeichnet worden und sicherlich habe er den Streifen anschließend auch digitalisiert, jedoch ins Internet habe er den Film nicht eingestellt. Denn er sei nicht „pauldeprinz.de“, der als Autor des Videos aufgeführt ist. Dies sei offensichtlich ein Pseudonym. Wer sich dahinter vergebe, wisse er allerdings nicht und könne dazu auch keine weiteren Aussagen mehr machen, behauptete der Echzeller, da er sich mit vielen seiner ehemaligen Kameraden inzwischen zerstritten habe.
Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Dietwin Johannes Steinbach, warum er die Tat denn gegenüber der Polizei eingeräumt habe, antworte W., dass er verhindern wollte, dass die Polizei in seinem Haus wieder einmal alles auf den Kopf stellen würde.
Der Prozess gegen Patrick W. wird am 29. Oktober fortgesetzt.
© Frankfurter Neue Presse 10.10.2012
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