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Wetterauer Zeitung – Idee der Wolf-Clique: »Zerballern wir die Karre«

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Die Mauer sollte ohnehin eingerissen werden – so rechtfertigte Patrick Wolf vor dem Landgericht Gießen am Dienstag die 39 Einschusslöcher in einer Wand seiner Gettenauer Hofreite. Es war der mittlerweile fünfte Verhandlungstag gegen den »Schlitzer«.

Seinen Spitznamen erhielt Wolf, weil er einen Ausländer niedergestochen haben soll. Vor dem Landgericht muss der 26-Jährige sich unter anderem wegen Drogendelikten, Körperverletzung, Volksverhetzung und Verstößen gegen das Waffengesetz verantworten.

Für die Ermittler des Hessischen Landeskriminalamtes ist die besagte Wand eine wahre Fundgrube: Die Ermittler bargen vom großkalibrigen 44er-Magnumgeschoss über die eher exotische 7,62mm-Pistolenkugel bis hin zur 9mm-Maschinenpistolenpatrone eine durchaus beeindruckende Sammlung an Geschossresten aus den Löchern. Ein Fund, der zwei mögliche Schlüsse erlaubt: Patrick Wolf mag keine Wände – oder er besaß ein Waffenarsenal, das nur die wenigsten in den Händen von Rechtsradikalen sehen wollen.

Wolf bestreitet jedoch, eine der Waffen, deren Besitz ihm Staatsanwältin Carina Heublein vorwirft, jemals besessen zu haben, weder Maschinenpistole, Schrotflinte, Pistole, »Pump Gun«, Revolver noch Schießkugelschreiber. Dieses Arsenal ist bisher aber unauffindbar. Nach verschiedenen Zeugenaussagen war Wolf aber nicht nur Besitzer der Waffen, sondern hat diese seinen Freunden wiederholt vorgeführt.

Unter anderem habe er zwei Bekannten seine vollautomatische Maschinenpistole im »Schießzimmer« seines Anwesens demonstriert. Doch Wolf sieht die Geschichte anders und erläuterte seine Sicht auf jenen Abend im Herbst 2010, an dem er und seine Freunde aus der Wand einen Schweizer Käse machten. Seiner Aussage nach habe ein Bekannter von ihm – der Hauptbelastungszeuge im Prozess gegen Wolf – die Waffen an jenem Abend mitgebracht. »Er hat mitbekommen, dass ich jede Menge Deko-Waffen habe«, so Wolf. Weil sein Bekannter Geld für Kokain gebraucht habe, habe er ihm die Waffen angeboten.

Zusammen mit zwei Freunden hätten sie dann die Waffen ausprobiert, er selbst habe aber nur mit zwei Pistolen geschossen. Anschließend seien die Waffen wieder mitgenommen worden, nachdem er kein Interesse daran gehabt habe, so Wolf.

Auch im Zusammenhang mit einem anderen Vorfall wies der Gettenauer den Besitz einer Waffe von sich. Von ihm existiert ein Handyvideo, in dem er in Anwesenheit einiger Freunde mit einer Schrotflinte auf einen alten VW Golf schießt. »Wir haben in der Clique darüber gesprochen, was wir mit dem Auto machen. Ob wir es abfackeln oder so«. Dann sei man auf die Idee gekommen, die Karre zu »zerballern«. Ein Freund habe sich von einem Verwandten eine Schrotflinte und zwei Schuss Munition geliehen. Wolf räumt ein, dass er die Waffe auf das Auto richtete, erklärte aber: »Ich habe nie eine Schrotflinte besessen«.Neben Wolfs Aussage in Bezug auf die Verstöße gegen das Waffengesetz stand die Aussage des Hauptbelastungszeugen im Mittelpunkt des Verhandlungstages. Nachdem der 26-Jährige seine Ladung in den Zeugenstand zuerst wegen eines Zusammenbruchs, dann wegen einer Autopanne nicht hatte wahrnehmen können, saß er am Dienstag endlich doch vor dem Vorsitzenden Richter Dietwin Johannes Steinbach. Er berichtete, dass ihm damals im April und Mai 2011 eine Haftstrafe gedroht habe, weil er eine Geldstrafe nicht habe bezahlen können.

Nach seiner Festnahme bot er den Polizisten einen Deal an, der grob gesagt lautete: Freiheit gegen Wolf. »Es ging um eine MP5, die er mir angeboten hatte«, so der Forstwirt. Er erzählte den Beamten, dass er die vollautomatische Waffe von Wolf noch am selben Abend kaufen könne. Doch der Deal kam nicht zustande, entweder konnte oder wollte Wolf nicht liefern. Dasselbe Spiel wiederholte sich wenige Wochen später beim Versuch, mehrere Tausend Ecstasy-Pillen von Wolf zu kaufen. Der Forstwirt führte einen Undercover-Polizisten zum »Schlitzer«, doch wieder kam kein Handel zustande, bei dessen Abwicklung man den mutmaßlichen Drogen- und Waffenhändler hätte schnappen können. Trotz der Fehlschläge: Ins Gefängnis musste der Mann am Ende nicht, stattdessen stottert er seine Strafe in Raten ab.

Wolf und sein Verteidiger bemühten sich indes die Glaubwürdigkeit des Forstwirts in Zweifel zu ziehen. »Sie haben doch alles versucht, um mir etwas anzuhängen«, warf Wolf dem 26-jährigen Zeugen vor. Der beteuerte aber den Wahrheitsgehalt seiner Aussage und konterte Wolfs verbale Attacken trocken: »Ich bin nicht mit vier Kilo Amphetamin geschnappt worden«.

 

© Wetterauer Zeitung 19.09.2012

 

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