Wetterauer Zeitung – »Bedrohung im strafrechtlichen Sinn prüfen«
Nach Kritik: Polizeisprecher Reinemer konkretisiert seine Aussage zu Bombendrohung gegen Antifa-BI-Vorsitzenden
Nach der Bombendrohung gegen den Antifa-BI-Vorsitzenden konkretisiert Polizeisprecher Jörg Reinemer, was er mit der Aussage gemeint hat: Es werde gegen Unbekannt ermittelt, aber auch geprüft, ob der Wortlaut überhaupt eine Bedrohung darstelle. Er habe sich auf die rein strafrechtliche Bedeutung des Wortlauts bezogen, und die unterscheide sich von dem, was man umgangssprachlich unter Bedrohung verstehe, sagt Reinemer. Auf Facebook war gepostet worden, der Antifa-BI-Referent werde sich »wundern, wenn sein Auto mit ihm in die Luft fliegt, weil ein wenig zu viel Sprengstoff unterm Auto deponiert wurde«.
Uwe Hartwig, der Vorsitzende der Lagergemeinschaft Auschwitz, hatte gerügt, Reinemers Aussage sei »eine Katastrophe«, weil sie den Eindruck vermittele, die Friedberger Polizei sei sich »der Bedrohung, die von den Wetterauer Rechtsextremisten schon lange ausgeht«, nicht sicher. Manfred Linss, Vize-Vorsitzender vom Echzeller Verein Grätsche gegen Rechtsaußen, nennt es »ungeheuerlich«, eine derartige Bedrohung zunächst daraufhin zu prüfen, »ob sie denn überhaupt eine Bedrohung >im Sinne unseres Rechtsstaates< ist«. Auch der GEW-Kreisvorsitzende Peter Zeichner sagt, es sei »nicht nachzuvollziehen, dass es nach der Aussage des Pressesprechers der Polizei noch eine langwierige Einschätzungsfrage ist, ob der Wortlaut einer indirekten Bombendrohung im Internet eine reale Bedrohung darstellen kann. Angesichts der bundesweiten Mordserie der Terrororganisation NSU in der Vergangenheit sowie der in der Wetterau seit Langem bekannten rechtsextremen Umtriebe kann man solche Drohgebärden nicht länger bagatellisieren.« »Wir nehmen diese Anzeige sehr ernst«, betont Reinemer. »Wir haben ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wegen des Verdachts der Bedrohung, und diese umfangreichen Ermittlungen dauern an.« Der im Internet aufgetauchte Post könnte auch als Nötigung gewertet werden oder als öffentliche Aufforderung zu Straftaten. »Diese rechtliche Würdigung obliegt im übrigen der Staatsanwaltschaft«, erklärt der Polizeisprecher.
»Wir sind an gesetzliche Vorgaben gebunden, und das heißt, dass wir auch prüfen, ob ein Straftatbestand vorliegt.« Dies betreffe ausschließlich den strafrechtlichen Sinn des Wortlauts, »auf keinen Fall den umgangssprachlichen«. Natürlich fühle sich der Mann bedroht, »das ist verständlich und keine Frage«. Zu klären sei jedoch, ob der Tatbestand der Bedrohung erfüllt werde, »das muss man voneinander trennen«. Dies bedeute aber nicht, einen solchen Sachverhalt zu verharmlosen.
Das Strafgesetzbuch versteht unter Bedrohung, »einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens« zu bedrohen. Die dafür vorgesehene Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr droht auch demjenigen, »wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, dass die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe«.
Man behalte den Fall genau im Auge, unterstreicht Reinemer, und werde gegebenenfalls, auch in Absprache mit dem Anzeigenerstatter, weitere Maßnahmen treffen. Ermittelt werde auch »im Bereich des Internetforums« Facebook, wo die Drohung aufgetaucht war. Zu klären sei unter anderem, ob der Post tatsächlich vom »Schlitzer« stammt. Der 25-Jährige aus Echzell hatte dies gegenüber der WZ abgestritten.
© Wetterauer Zeitung 13.03.2012
- Frankfurter Rundschau – Bedrohung unterschätzt
- Wetterauer Zeitung – Hartwig: Aussage der Polizei zu Drohung ist »eine Katastrophe«
- Brief der Lagergemeinschaft Auschwitz an Boris Rhein
- Frankfurter Rundschau – Drohung oder Nötigung auf Facebook
- Wetterauer Zeitung – »Grätsche gegen Rechtsaußen« fordert Aufklärung
- Wetterauer Zeitung – Bombendrohung gegen Antifa-BI-Vorsitzenden
- Sprengstoffdrohung auf Facebook gegen antifaschistischen Aktivisten aus Friedberg
- Frankfurter Rundschau – Sprengstoff und Terror


