Frankfurter Rundschau – Aufstand der Demokraten
Von Bruno Rieb
Die Wiesengasse am Rande des alten Ortskerns von Gettenau mit ihren stattlichen, alten Hofreiten könnte ein Idyll sein. Aber seitdem der rechtsextreme Patrick W. seine Aktivitäten hierhin verlagert hat, ist es aus mit der Ruhe in der Straße. Immer wieder ziehen grölende und pöbelnde Grüppchen durch die Gasse, gelegentlich werden protestierende Anwohner verprügelt.
Gegen diese rechtsextremen Umtriebe hat die Bürgerinitiative Grätsche gegen Rechtsaußen mit der Sportjugend Hessen und örtlichen Vereinen unter der Schirmherrschaft des Bürgermeisters das 1. Echzell-Festival „Gemeinsam gegen Rechtsaußen“ organisiert. Am Samstag geht das Fest mit prominenter Unterstützung über die Bühne. Der Chef der hessischen SPD, Thorsten Schäfer-Gümbel, will ebenso kommen wie der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Tarek Al-Wazir. Die populäre Wetterauer Band Fräulein Wunder und die Rockband Hartmann treten ohne Gage auf.
Patrick W. verbindet seine rassistische Gesinnung mit Geschäftssinn. Er firmiert als „Old Brothers“, zum Firmenlogo gehört ein Totenkopf, der an das Symbol der Totenkopfverbände der Waffen-SS erinnert. Ursprünglich hatte er seinen Tätöwierladen und Versandhandel von T-Shirts mit rassistischen Motiven in Wölfersheim. Die Gemeinde wehrte sich erfolgreich gegen den Laden.
Patrick W. verlegte seine Aktivitäten in die Gettenauer Wiesengasse. Seine festungsartig ausgebaute Hofreite nennt er „Old Brothers Castle“. Eine Bar mit Gaskammer-Ambiente gehört laut Anti-Nazi-Koordination Frankfurt dazu: Als Party-Höhepunkt strömt über Duschköpfe Disco-Nebel in den Raum.
Die ersten unsanften Erfahrungen mit dem neuen Nachbarn machte ein Wiesengassen-Anwohner, der sich beschwerte, weil Fetenbesucher am frühen Samstagmorgen laut rechte Parolen grölten. Der Anwohner wurde zusammengeschlagen.
Ein anderer Anwohner, der die Überwachungskameras wegdrehen wollte, die W. auf sein Haus gerichtet hatte, wurde von einem prügelnden Mob von der Leiter gezerrt. Schuhe, Hose und Unterhose wurden ihm ausgezogen. Patrick W. stellte ein Video der demütigenden Szene mit höhnischen Kommentaren ins Internet.
W.s vierbeinige Kampfhunde kassierte das Echzeller Ordnungsamt ein. Sieben Tiere wurden als „mutmaßlich gefährlich“ sichergestellt. Nur einen Hund hatte er angemeldet. Gefährliche Hunde darf Patrick W. nicht halten, weil er vorbestraft ist.
© Frankfurter Rundschau 2010
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